Wechselhaft

Farben, Lichter, Aspekte,

es gibt nichts,

das der Herbst nicht in mir weckte.

Schien die Sonne vor kurzem noch monatelang, wird mir von jetzt auf gleich bang.

Plötzlich pfeift der Wind mir um die Ohren, schon beginnen alte Gedanken zu bohren.

Dicke Wolken scheinen zu erdrücken,

die Sonne kämpft sich durch wenige Lücken.

In jeder Zeit das Positive sehen,

aufrecht durch alle Stürme gehen,

egal was kommt zu akzeptieren,

tapfer und mutig jeder Situation entgegen marschieren !

Jede Witterung durchleben,

darin erklärt sich der Menschheit Bestreben.

Wir können so viel erreichen,

jeder ist verantwortlich im Stellen der Weichen .

Auch mit diesen Zeilen machte ich mir damals selbst Mut. Tatsächlich ist es so, ist man an Depression erkrankt, bleibt die Angst, dass auch wenn die Krankheit gerade schlummert, man erneut ins tiefe Dunkel sinkt. Bisher hatte ich in meinem Leben, angefangen im Alter von 26 Jahren, 4 depressive Episoden. Außer Therapien und medikamentöser Unterstützung, gibt es auch Ansätze und Wege diese Phasen ein wenig selbst zu steuern. Dabei ist es wichtig achtsamer zu sein, sich selbst mehr zu beobachten. Als ich nach langer Therapie plötzlich wieder anfing zu „schlittern“ (hier passen tatsächlich viele Verben den Zustand zu beschreiben z.B. auch wackeln, rutschen, purzeln, straucheln… und und und), suchte ich aufgrund meiner Unsicherheit kurzfristig erneut eine Psychotherapeutin auf. Die wenigen Gespräche mit ihr waren sehr prägend. Ich war nur 2 oder 3 mal bei ihr, aber es reichte aus, meine Schritte wortwörtlich wieder zu stabilisieren; in jeder Hinsicht. Daher kann ich nur befürworten nicht zu warten, sondern rechtzeitig das Gespräch suchen. Wenn ich mich im Sport verschlechtere, irgendwie der Wurm drin ist, suche ich doch auch die Unterstützung eines Trainers. Also ist es nicht verwerflich, mir in meinem Leben bei Bedarf einen Coach zu suchen. Die Therapeutin damals fand mich ok, wie ich bin und gab mir einen entscheidenden Hinweis mit auf den Weg. Hier merke ich kurz an, dass anhand meiner Erzählungen der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse, der zig Stunden, die ich dreimal in der Woche über fast zwei Jahre, die ich hinter mir hatte, die jetzige Therapeutin mir vorschlug ihre Kollegin bei der ich war, bei der Ärztekammer, anhand ethischer Richtlinien, die sie verletzt sah, anzuzeigen.Ich erwähne dies, um deutlich zu machen; eine Therapie ist kein Spaziergang. Dieser Prozess kostet enorm viel Kraft aber das ist ein anderes Thema und vielleicht nehme ich es irgendwann mal auf. Heute kann ich nur augenzwinkernd sagen, dass ich selbst diese Tortur damals überlebt habe 😉 Jetzt zurück zu der entscheidenden Aussage. Die Therapeutin nahm mir die Angst vor einem Rückschlag, indem sie mir erklärte, dass eine depressive Phase in 5-6 Wochen durch gestanden sei, sollte ich wieder straucheln. Ich weiß nicht einmal ob es tatsächlich so ist, ich habe es nie hinterfragt, aber seitdem kann ich viel leichter akzeptieren, sollte es mir wieder schlecht gehen. Die Akzeptanz hilft sehr. Ich sitze es einfach aus! Sehr anschaulich zeichnete sie mir auf, unter welchen Voraussetzungen eine neue depressive Episode wieder möglich ist. Sie malte mir 3 Töpfe; 1 Topf ist genetisch-biologisch fast randvoll, der zweite Topf ist ebenfalls durch meine Lebensgeschichte, die Belastungen und meiner Erfahrung mit der Welt als Kind gut gefüllt. Es passt fast nichts mehr rein. Sollten akute neue Belastungen Stress auslösen, so bringt dieser dritte Topf das Fass zum überlaufen. Mein oberstes Gebot bedeutet also dies in jedem Fall versuchen zu verhindern. Deshalb ist es wichtig auf mich zu achten. In der Vergangenheit habe ich auf viele und vieles geachtet, aber nicht auf mich. Ich muss mich beobachten. Dazu gehört meinem Körper Aufmerksamkeit zu schenken. Auf Schlaf, Appetit, Schmerzen und Erschöpfung zu achten. Mein Verhalten in Bezug auf sozialen Rückzug zu durchleuchten. Gedankliche Prozesse mir vor Augen zu führen und natürlich auch mir meiner Gefühle bewusst zu sein.

Es war ein Lernprozess mir anzutrainieren, inne zu halten und mich in Situationen z.B. zu fragen möchte ich das, ist es mein Wunsch, geht es mir gut damit. Auch für mich herauszufinden womit geht es mir gut, was tut mir gut. Heute weiß ich es besser, trotzdem ertappe ich mich natürlich auch dabei in alte Muster zurück zu fallen. Aber ich erkenne es zumindest jetzt und kann es ändern. Die Therapeutin empfahl mir damals auch den MBSR Achtsamkeitskurs zu machen. Trainieren tue ich nicht mehr, manchmal hole ich mir noch einmal die Unterlagen hervor, zweimal machte ich auch ein „refresher“ Wochenende. Das Achtsamkeitstraining hilft sich kennen zu lernen und zu reflektieren. Zum Beispiel über das ganz persönliche Stresserleben nachzudenken, indem ich mir beantworte 1. Ich gerate in Stress, wenn… 2. Ich setze mich unter Stress, indem… 3. Wenn ich im Stress bin, dann… Genauso kann ich achtsame Kommunikation üben und so meinen Anteil an einem Gefühl übernehmen und meinem Gegenüber mehr Spielraum geben. Im Verlauf eines Gesprächs ist es ein Unterschied, ob ich sage:“ Du bist rücksichtslos“ oder „Ich fühle mich übergangen.“ Ich Botschaften gelten als sehr kommunikationsförderlich. Sprich über dich selber, deine Gefühle und Gedanken. Konzentriere dich auf dein Erleben und entfalte es. Teile dem anderen so viel wie möglich mit, was dich bewegt. Eine positive Übung ist auch in 60 Sekunden zwanzig Dinge aufzuschreiben, für die man aufrichtig dankbar ist. Los! Es ist überraschend für wie vieles wir dankbar sein können. Die Hauptziele die sich für mich in diesen Kursen herauskristallisierten waren konsequenter und spielerischer mit meinen Wünschen umzugehen, nach für mich unangenehmen kränkenden Situationen mir Zeit zu nehmen und nicht gleich zu explodieren und weiterhin mein Bewusstsein im Allgemeinen, aber auch für meine Erkrankung behalten, schulen und natürlich damit umgehen. Hier merke ich gerade an Punkt zwei müsste ich mal wieder rangehen. Aber auch ganz simple Dinge erleichtern ein Leben mit Depression. Sehr hilfreich ist ein Tagesrhythmus einzuhalten. Für mich ist auch ein halbwegs aufgeräumtes Haus wichtig. Egal ist mir heute auch wie jemand über mich denkt. Mich muss auch nicht jeder mögen. Es muss für mich richtig sein, nicht für andere. Es kann nicht immer alles passen. Auch wenn ich gelassener geworden bin, ist die eigenartige Zeit im Moment schwierig. Dazu kommt die dunkle Jahreszeit. Jetzt müssen wir Menschen mehr selbst strahlen und freundlich miteinander umgehen. Also nicht verstecken, raus in die Natur. Bewegung hilft und ein agiler freundlicher Hund. Wenn es so einfach wäre 😉

Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Besorgnis über deinen Kopf fliegen, aber du kannst verhindern, dass sie sich auf deinem Kopf ein Nest bauen. M-Luther
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Herbst

Herbst

Der Nebel liegt sanft über den Feldern,

der Tag wartet unschuldig,

die Sonne noch gänzlich fern,

 Natur ist geduldig.

Ein langsames Erwachen,

bald in voller Pracht,

es entlockt  unser Lachen,

für jeden gemacht.

Einmal noch die Wärme spüren,

von den Strahlen zehren,

perfekte Tage, die berühren,

 niemand wird sich wehren.

Jetzt heißt es Abschied nehmen,

vor uns liegt das Triste,

Mächte die uns zähmen,

reihen sich in die Liste.

Glücklich wer geborgen,

sicher weich gebettet,

noch ist nichts verloren,

vielleicht ist man gerettet.

Es ist Herbst. Dieses Jahr empfinde ich den Start des Herbstes fast übergangslos vom Sommer. Vielleicht weil im Moment in dieser eigenartigen Zeit alles etwas „runtergefahren“ ist. Das Leben puliserte diesen Sommer nicht. Und hier finde ich den Übergang, um zu versuchen den erbärmlichen Zustand zu beschreiben, in dem sich ein Mensch befindet, ist er an Depression erkrankt. Als ich 2011 erkrankte, war es Hochsommer und ich war mit meiner Familie bei meiner besten Freundin in der Nähe von Los Angeles. Interessant war, dass ihre damals 13 Jahre alte Tochter als Einzige bemerkte, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich sprach und aß kaum. Obwohl ich bei Freunden an einem meiner liebsten Orte bei strahlendem Sonnenschein am Meer war, ging es mir schlecht. Man muss sich vorstellen es hängen andauernd dicke Wolken über einem; dichter Nebel umgibt einen permanent. Gedanken sind vernebelt, der Zustand wirkt bedrohlich und ließ mich nicht in den Schlaf finden. Über Monate angesammelter Schlafmangel raubte mir die Kaft.Von der Schwere fühlte ich mich zu Boden gedrückt. Ich aß nur mechanisch um nicht zu verhungern. Gesellschaftliche Anlässe, Ausgehen, Menschen treffen, überforderten mich. Überhaupt aus dem Bett hervor zu kriechen, kostete viel Überwindung. Wärme ist nicht zu spüren, Gefühle sind erfroren. Ich konnte mir selbst nicht erklären, was mit mir passiert war und glaubte lange, dass ich mich da alleine heraus manövrieren würde. Dem war nicht so. Im November offenbarte ich mich der Familie und suchte mir Hilfe. Das war entscheidend. Ein langer Weg über Jahre mit Therapie und Medikamenten begann. Das war meine einzige Chance. Und ich habe es geschafft! Ich möchte all denen Mut machen, die auch kämpfen. Sucht Hilfe! Man muss nicht alles alleine schaffen. Mein Bruder, einer meiner ersten Ansprechpartner damals, sagte als Arzt gleich zu Beginn: „Es gibt keinen Grund sich zu schämen. Es ist eine Erkrankung wie jede andere.“Das zu akzeptieren fiel auch mir anfangs sehr schwer. Heute lebe ich mit der Erkrankung. Und ich lebe gut 🙂

Abschied von meinem Elternhaus

Abschied nehmen von einem Haus voller Leben,

leider brachten Schicksale mein Herz zum Beben .

Voller Freude , Pläne und Euphorie von meinem Vater ins Detail umgesetzt,

waren doch Herz und Seele meiner Mutter durch Krankheit zu verletzt.

Ein Familienglück war hier nicht zu finden ,

der verzweifelte Tod meiner Mutter nie zu überwinden.

Wenn ich mir den ersten Satz meiner Zeilen durchlese, stimmt er schon nicht. Mein Elternhaus war nie voller Leben. Ich kann mich noch gut erinnern, als mein Vater als gelernter Zimmermann unser Haus damals plante. Aufregend waren die Räume auf der Skizzenrolle. Mein Zwillingsbruder und ich bekamen endlich eigene Zimmer. Wir waren damals 12 Jahre alt. Das Haus war sehr offen und großzügig gebaut. Ein Traum wurde wahr. Nicht aber für meine Mutter, die unser Haus als zu groß empfand und bald an Depression erkrankte. Einen Zusammenhang mag es nicht geben, tatsächlich aber fühlte sie sich gleich wieder elendig, sobald sie die Tür betrat, wenn sie aus Kliniken zurückkam, in denen es ihr deutlich besser ging. Zwei Jahre kämpfte sie gegen die Krankheit an, bis sie aufgab und sich das Leben nahm. Es gab eine ungewisse Zeit von ca. 1 1/2 Monaten bis ihre Leiche im Wasser gefunden wurde. Ab diesem Zeitpunkt durften wir Kinder weder weinen, noch über sie reden. Trost wurde uns nicht gespendet. Heute undenkbar. Das war 1980, meine Mutter war gerade mal 40 Jahre alt, mein Bruder und ich 14. Es wurde sehr still im Haus. Mitte 20 zog ich aus. Mein Vater wohnte noch eine Weile dort, später mein Bruder mit seiner damaligen Freundin, die später seine Frau wurde. Als die beiden beruflich Rodgau verließen wurde das Haus frei und ohne zu überlegen, zogen mein damaliger Mann und ich ein. Lange lebten wir dort, meine Tochter wurde geboren. In der Zeit begleiteten uns drei Hunde. 2011 erkrankte ich selbst an Depression. Wieder wurde es still in unserem Haus. 2014 nach langer Therapie ging es mir viel besser und ich war stark genug meinen Mann zu verlassen. Lange schon waren wir nicht mehr glücklich.

Meine Eltern glücklich am Meer 1965

Im Herbst 2015 lernte ich meinen jetzigen Partner kennen. Anfangs kam er immer wieder auf das Thema zurück, ob wir beide nicht in mein Elternhaus ziehen sollten. Wir hätten viel Geld gespart, unsere beiden Hunde hätten sehr viel Platz auf dem Grundstück gehabt, für unsere Kinder hätte es genug Gästezimmer gegeben . Und er hätte im großen Keller und in der Garage Platz für Werkzeug und Motorrad gehabt . Immer wieder wurde diese Option zum Gespräch, da in unserer kleinen angemieteten Doppelhaushälfte natürlich wesentlich weniger Platz war. Gründlich überlegte ich mir, welche Gründe ich denn hätte dort einzuziehen. Meinem Vater zu Ehren, in Anerkennung seiner Leistung, könnte ich sein Haus bewohnen. Ein weiterer Grund wäre gewesen, meiner Tochter ihr Elternhaus zu erhalten. Ihr fiel es viel schwerer das Haus aufgeben zu müssen. Mein Partner hätte viel Platz. Ich fand keinen einzigen Grund für mich und bin so froh mich dagegen entschieden zu haben. Ich wäre nicht glücklich geworden. Im Sommer letzten Jahres haben mein Ex-Mann und ich es gut verkaufen können und direkt im Anschluß fanden mein Partner und ich ein wunderbares Haus. Ganz nach unserem Geschmack! Sofort wurde es zu unserem Zuhause. Ganz leicht. Das hätten wir in dem anderen Haus nie gefunden. Die Götter senden uns immer wieder Gelegenheiten, wir müssen sie nur ergreifen; im richtigen Moment.

Hilflos

Heute fühle ich eine seltsame Leere,

als ob ich eine leblose Hülle wäre.

Einfach gebracht an diesen Ort,

ohne Erklärung, ohne ein Wort.

Hier gehöre ich nicht hin!

Es ergibt keinen Sinn.

Mein Leben sollte ein anderes sein,

umgeben von hellem Schein.

Immer wieder quälen mich diese Gedanken,

vor mir schließen sich sämtliche Schranken.

Fühle mich gefesselt, in Ketten gelegt.

Nichts, das sich mehr regt und bewegt.

Diese Momente scheinen aussichtslos.

Was mache ich bloß?

Wie lange kann ich es noch schaffen,

kann mich immer wieder aufs Neue aufraffen?

Wie lange noch reichen meine Kräfte?

Wann ergebe ich mich, bezwingen mich fremde Mächte?

Wann gebe ich auf

und laß dem Übel seinen Lauf?

Ich will nicht mehr in dieser Welt frieren,

möchte wieder Wärme und Liebe spüren.

Lernen auf Menschen zu zugehen,

dabei behilflich sein mich zu verstehen.

Es fordert so viel Kraft und Mut.

Leute, zieht vor mir den Hut !

Ich stelle mich der Krankheit.

Sie ist meine unbarmherzige Wirklichkeit.

Deshalb immer wieder die vielen Tränen,

mehr will ich gar nicht erwähnen…..

Passen die Fotos zu meinem Gedicht ? Nein ! Sah es in diesem fröhlich lächendeln Menschen tatsächlich so aus ? Ja, leider. Facebook hat mich gerade an die Zeit erinnert. Es war im August 2011 in Berlin. Zu dieser Zeit wurde mir erstmals bewusst, dass etwas mit mir nicht stimmte. Dieser Abend war einer der wenigen Abende an dem ich befreiter schien. Ich erinnere mich, dass meine Tochter, damals 12 Jahre alt, glaubte ich sei angeheitert, da sie mich wahrscheinlich lange nicht heiter erlebt hatte. Das ist sehr traurig und ich denke dabei an meine Mutter. Lange kämpfte sie mit Depressionen. Wie scheinbar glücklich war sie in unserem letzten gemeinsamen Urlaub in Egmond aan Zee in Holland. Ausgelassen sprang sie mit meinem Bruder und mir in den Wellen im Meer. Wie sehr ich mich über ihre Freude freute. Wenig später nahm sie sich das Leben. Damals war es noch viel schwieriger mit der Krankheit umzugehen. Ihre Aufzeichungen haben mir gezeigt, wie hilflos sie war. Als meine Therapeutin mich irgendwann aufforderte die Tagebücher meiner Mutter zu lesen, kostete mich das zwar viel Kraft, aber gab mir auch enorme Stärke. Ich konnte so sehr mit ihr mitfühlen, im Nachhinein tat sie mir leid. Sie war wahnsinnig verunsichert, konnte ihren Zustand überhaupt nicht begreifen. Sie wechselte Ärzte, Medikamente, Therapieformen und Kliniken, nichts und niemand konnte ihr helfen. Ihre Eltern überlegten damals tatsächlich, ob eine Therapie mit Stromstößen helfen würde. Ich erschrak als ich das las. (Heute muss man sich von der Vorstellung lösen, die viele noch aus der Anfangszeit der Elektrokonvulsionstherapie vor Augen haben. Die Therapie ist heute weit weniger invasiv und hat kaum Nebenwirkungen.) Es war 1980 als sie beschloß aus dem Leben zu gehen. Genauso formulierte sie es in ihrem Kalender. Wie viel besser ging es mir doch 30 Jahre später. Ich begriff, dass die anfangs so verhasste Therapie meine Chance war, auch wenn der damalige Professor der Gesellschaft für Psychoanalyse in Frankfurt am Main, welcher die Therapeutin für mich aussuchte, selbst nicht an mich glaubte. Ich habe es geschafft zu leben und heute glücklich zu leben. Es gibt immer mal wieder Tage an denen ich kämpfen muss, aber ich bin sehr aufmerksam geworden und sie machen mir keine Angst. Ich bin so viel stärker als meine Mutter es war. Aber ich kann mich glücklich schätzen, dass mich kompetente Psychiater, Psychotherapeuten und mein Hausarzt begleitet haben und es teilweise noch heute tun. Eine Therapeutin riet mir zu einem MBSR Achtsamkeitskurs. Mindfulness-Based Stress Reduction, 1970 in USA entwickelt von dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zin. Dieser Kurs bestätigte mir, dass ich alles, in Bezug auf meine Krankheit, richtig gemacht hatte. Jeden der 8 Kursblöcke verließ ich in Dankbarkeit. Die Psychiaterin die ich in den schlimmen Anfangsphasen aufsuchte, entließ mich immer mit den Worten : „Frau Zimny, sie machen alles richtig!“ Ich hoffe viele leidende Menschen „machen alles richtig“ vor allem finden die richtige Hilfe und lernen mit der Diagnose Depression zu leben. Und ich hoffe auf mehr Verständnis unserer Mitmenschen. Ein schönes Lächeln kann täuschen.

Das Wort

Ich liebe sie die vielen Worte.

Sie führen mich leicht an andere Orte.

Lassen mich der Wirklichkeit entfliehen,

den trüben Aussichten entziehen.

Mit den Buchstaben spielen,

mich in jede Zeile verlieben.

Es gefällt mir das Schreiben,

hier will ich bleiben.

Im Kopf kein wildes Zanken,

keine Schlacht der Gedanken.

Ich lade dich ein,

so kannst auch du bei mir sein.

Lernst mich zu verstehen,

meine komplizierte Welt zu sehen.

Ich freue mich wenn es gelingt

und so uns beiden viel bringt.

Eigentlich sollte “ Das Wort “ mein erster Beitrag sein, aber durch unsicheres „herumprobieren“ in wordpress veschwand er. Insgesamt sollen meine Worte eine Einladung sein. Eine Einladung in meine Gedankenwelt und vielleicht ein vorsichtiges Verstehen einer psychischen Erkrankung. Depression lässt sich schwer in Worte fassen, noch schwerer ist es für Mitmenschen, selbst Familie oder Freunde die Erkrankung zu erkennen. Man hat kein Fieber oder Ausschlag, es lassen sich keine erhöhten Werte messen. Eventuell nach außen erkennbare Symptome, wie z.B. anfängliche Teilnahmslosigkeit, Interessenverlust und eine nicht erklärbare tiefe Traurigkeit werden eher schlicht als schlechte Laune empfunden. Niemand sieht die Schlaflosigkeit, den ständigen Kloß im Hals, die Übelkeit, den permanenten Druck auf den Brustkorb, unterdrückte Tränen und die Hilflosigkeit. Lange noch kann man so funktionieren. Ich selbst dachte auch immer, ich schaffe das alleine. Aus diesem Loch werde ich mich selbst befreien können. Irgendwann habe ich wieder genug Kraft den schweren Felsbrocken, der auf mir liegt, abzuwerfen. Leider nein, irgendwann folgen körperliche Symptome. Ich musste mich zum Essen zwingen und vor allem aufgrund der monatelangen Schlaflosigkeit wurde ich auch physisch schwächer.

Zum Glück ist die letzte Episode der Krankheit eine Weile her. Als es mir sehr schlecht ging, half mir das Schreiben. Das Reimen machte mich gegen die tägliche Auseinandersetzung mit den, ich nenne sie mal dunkle Gedanken, weniger empfindlich, gab mir Kraft den erbärmlichen Zustand im Wortsinn durchzustehen, ja zu überleben. Reime erweiterten mir den Denkraum. Ob eine unmittelbare Heilkraft der Wörter die Symptome mildert und das Befinden bessert, weiß ich nicht, aber ich wurde, zumindest für einen Moment von einer Last befreit. Nach jeder gefüllten Seite mit sprudelnden Worten fühlte ich mich leichter. Irgendwie muss ja auch begründet sein, dass Mütter und Väter nicht nur pusten, wenn das Kind eine Wunde hat, sondern einen Reim singen und dies wahrhaftig hilft….

Heile, heile Gänschen
Es ist bald wieder gut
Das Kätzchen hat ein Schwänzchen
Es ist bald wieder gut
Heile, heile Mausespeck
In hundert Jahren ist alles weg

Leben

Es gibt Tage an denen ich mich hasse, keinen Menschen in meine Nähe lasse. Kann mich selbst kaum ertragen, will eigentlich nicht klagen. Ich reiß‘ mich zusammen, steh‘ in Flammen. Eine Seele die brennt. Ein Herz das rennt. Wär doch der Tag schon vorbei, wie sehne ich die Nacht herbei. Eine Nacht die keinen Frieden bringt, die auch nur nach Atem ringt.

Es gibt Tage an denen ich mich freue, wie eine Kind, ohne Angst, ohne Reue. Das Atmen leicht, der Gang beschwingt, neugierig was der Augenblick wohl bringt. Herz und Augen weit offen. Diese Tage lassen hoffen. Keine Gefühle die erfrieren. Heute kann alles passieren! Ein lieber Mensch an meiner Seite, der mich berührt in voller Breite. Das Leben in voller Pracht. Die Liebe neu erwacht.

2 x ich – 2 times me

Wer kennt das nicht? Viele, da bin ich sicher! Depression bedeutet aber nicht einen schlechten Tag haben, sondern viele viele in Folge. Bei mir waren es Monate. Monatelang Druck auf dem Brustkorb, Atembeschwerden, unendlich vieles Weinen, Appetitlosigkeit, Durchfälle, extremer Gewichtsverlust, Schlafstörungen, permanenter „Kloß im Hals“ und so vieles mehr. Jede Nacht wachte ich zwischen 2 und 3 auf und schlief einfach nicht mehr ein. Der Biorhythmus ist so sehr gestört, dass es auf lange Sicht körperliche Folgen nach sich zieht. Das ist erschreckend. Ich hatte das Glück, als ich mich endlich tränenreich bei meinem Hausarzt „outete“, ein guter Responder auf das von ihm gewählte Medikament zu sein, so dass ich bald zumindest wieder schlief. Auch begleitete mich lange Zeit eine für mich sehr wichtige Psychiaterin und ich überlebte sogar die 2 – jährige Tiefenpsychologie und Psychoanlayse einer, von der deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse gewählten, Therapeutin. Ich sage das bewusst, denn eine Therapie ist kein Spaziergang und es kommt zu einem tiefen Fall, bevor man daraus wieder wächst und diese Zeit kann kritisch sein. Zudem war die Dame sehr speziell und ich verbrachte immerhin streng 3 Vormittage in der Woche mit ihr. Was hielt mich am Leben? Darauf gibt es eine eindeutige und klare Antwort: Meine Tochter! Sie war damals 12 Jahre alt. Meine Mutter nahm sich nach gleichem Kampf das Leben, als mein Zwillingsbruder und ich gerade einmal 14 Jahre alt waren. Ich war ihr lange böse. Wie konnte sie uns alleine lassen? Heute weiß ich, wie verzweifelt man sein kann und durch ihre Aufzeichnungen, wie hilflos sie leider war. Ich habe ihr längst verziehen. Meine wundervolle Tochter verlassen kam nicht in Frage und war mein oberstes Gebot.

Heute geht es mir gut! Ich lebe mit der Krankheit, denn heilen wird sie nicht. Es kann immer wieder Episoden geben. Eine Angststörung kam dazu, aber auch ein neuer Psychiater, der sich sehr viel Zeit nimmt, herrliche Diskussionen mit mir führt und einfach sagt: „Frau Zimny, Sie wissen doch, dass Sie nicht alle Tassen im Schrank haben“! Was soll ich sagen? Ich denke, ich habe sehr gut gelernt mit der Krankheit Depression umzugehen und sie versetzt mich nicht mehr in Angst und Schrecken.

Wellen

Voller Freude und Selbstvertrauen sich ins Unbekannte begeben, auch wenn man zeitweise den Boden unter den Füßen verliert. Was auch immer kommen mag, mit erhobenen Kopf dem mutig entgegen sehen, sicher sein, dass nichts passiert. Mag sein, dass einem so manche Schwierigkeit und manches Leid, unter Umständen brutal entgegen schwappt, eine starke Welle einen kurz zum Straucheln zwingt, man sich auch immer mal wieder beim Zweifeln ertappt, dennoch jede Herausforderung letztendlich mit Selbstbewusstsein, einfach und spielerisch gelingt.

Meine Magyar Vizsla Hündin Hazel hatte 4 Jahre nicht den Mut ins Wasser zu gehen, selbst Pfützen schienen wie dunkle schwarze Löcher, die drohen sie zu verschlucken. In Bayern an einem klaren See traute sie sich langsam, da auch die Neugier an den Fischen überwog. Diese Woche wird sie sieben Jahre alt und springt, wie hier in Italien, in jedes Wasser. Für jeden von uns ist die Zeit eine andere die wir brauchen. Sei es, um etwas zu erkennen, zu erlernen,zu entwickeln und besonders, zu verändern. Unsicherheit ist der Begleiter jeder Veränderung, aber Veränderungen in unserem Leben können eine Chance sein.

Der Pianist

Auf dem glänzenden Flügel tanzen grazil die flinken Hände, dies beobachtend verlassen unsere Gedanken die meist zu eng gewordenen Wände. Musiker, die ihren klassischen Instrumenten die unterschiedlichsten Töne entlocken; meistens leise auf unaufdringliche Weise; um im nächsten Moment ekstatisch die Saiten und Tasten zu rocken, schicken sie Tausende gemeinsam auf eine bewegende Reise. Ganz gelingt es nicht, völlig zu entschweben; eine Frau schreitet in auffällig rotem Kleid, in der Ferne ein Baby, das verzweifelt schreit; immer kommt es zu Ablenkungen auf unseren Wegen. Unser Leben, die Liebe, manchmal harmonisch und rund, dann wieder aufbrausend laut, schrill und bunt. Dem Einen fällt es leicht dies zu akzeptieren, ein Anderer ist verzweifelt, wird starr und droht zu erfrieren. So wie die Künstler behutsam oder rasant die Klaviatur bedienen, egal ob schwarz oder weiß, können wir uns alles Glück auf unserer Bühne verdienen, mühelos, ohne Anstrengung und übertriebenen Fleiß. Die gebotenen Möglichkeiten erkennen, annehmen und integrieren, schon lässt es sich mit Leichtigkeit durchs Leben marschieren, mit Enthusiasmus und Empathie, der Sprache der Liebe, gelingt es uns in jeder Situation zu parlieren.

Musik ist ein Vehikel für Traurigkeit – aber auch für Freude. Und wenn es gelingt, beide Extreme zusammenzubringen, entsteht Magie. – Paul McCartney

Die Sätze zu „Der Pianist“ formten sich bei einem Ludovico Einaudi Konzert in der Waldbühne in Berlin, sie blieben in meinem Kopf, auch wenn ich nach dem Konzert mit vielen Menschen und Eindrücken den Ort verließ und es noch einige Zeit dauerte, bis ich Zettel und Stift hatte, um sie aus dem Kopf zu notieren. Für mich lässt sich vieles – wie hier die leisen und lauten Töne- auf unser Leben anwenden. Mir hilft es einen Bezug herzustellen und führt zu mehr Klarheit. Letztendlich verliere ich nie das positive Denken.

Wettlauf mit der Zeit

Geht es in meinem Kopf wieder drunter und drüber, nehme ich Platz und schreibe es nieder. Versuche es in Worte zu fassen, anstatt dem Grübeln die Oberhand zu lassen. Meine Feder schreibt nicht schnell genug, doch ich beeil‘ mich, tut es doch gut. Und schwupp die wupp die Worte stehn und ich kann zu etwas anderem übergehn. Es scheint ich hätte einen Weg gefunden, fühl‘ mich einen Moment lang frei und ungebunden. Doch weiß ich, es ist nur von kurzer Dauer, ich seh‘ schon, der nächste Anflug, er liegt auf der Lauer. Ich nenne es mal Unbehagen. Gibt es dazu noch Fragen? Ich dichte meine Laune weg, sonst hätte dies doch auch gar keinen Zweck.

Vielleicht schafft ihr es ja auch manchmal, trotz eures erbärmlichen Zustandes, euren Humor nicht zu verlieren. Tatsächlich drückte es ein Professor des Institut für Psychoanalyse in Frankfurt so aus und ich werde dieses Wort im Zusammenhang mit meiner Erkrankung nie mehr vergessen. „Der erbärmlichste Zustand in dem sich ein Mensch befinden kann.“

Kopf- und Küchenchaos

Ich erinnere mich noch gut an den Tag als ich dachte ich sei tatsächlich verrückt. Wie eine Irre kämpfte ich gegen die vorherrschenden dunklen Gedanken und lenkte mich mit aller Gewalt ab. 8 Bleche Plätzchen buk ich; im Flur stapelten sich die Boxen. Gleichzeitig kochte ich für meine Familie Abendessen und schrieb.

Das Chaos

Wär es nicht ernst, ich würde lachen. Die Küche ein Chaos! Mein Gott all die Sachen! So sieht es in mir aus: Ein heilloses Durcheinander, das ganze Haus! Und nur, um den Gedanken zu entfliehen, es duften die Plätzchen im Ofen so schön. Auf dem Herd stehen Schwein und Rind. Es freuen sich Mann und Kind. Doch nur ich weiß allein: dies alles zum Schein! Ich kämpfe und kämpfe nur um zu SEIN!

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