aus meinem Nähkästchen geplaudert…

Celebrities / Prominente

Berühmt, berüchtigt, bekannt, beliebt. Vor kurzem hat eine frühere Kollegin in facebook aufgelistet welche Berühmtheiten sie traf. Das brachte mich dazu auch darüber nachzudenken. Besonders in der Zeit von 1988 bis 2003, als der Flughafen Frankfurt mein Arbeitsplatz war, und vor allem in den Jahren als „Premium Services Representative“ bei American Airlines, hatte ich viele Begegnungen.

Meine erste besondere Begegnung hatte ich mit Mensch und Tier. Der Moment mit dem Tier war allerdings viel aufregender an dem Abend, als das berühmte Paar, auf das ich traf. 1992 bekam ich eine Einladung als Assistentin den damaligen General Manager von Singapore Airlines zu einem Geschäftsessen und anschließender Nachtshow in das Varieté-Theater Tigerpalast in Frankfurt am Main zu begleiten. Ein damals sichtlich ganz verliebtes Paar besuchte dieselbe Show und zog alle Blicke auf sich. Aber nicht das Model wurde auf die Bühne geholt, sondern ich! Braun siegte über blond ;). Ich erwähne es an dieser Stelle nur, weil bei einer anderen Begegnung blond tatsächlich ein Thema war. Ein Assistent des auftretenden Artisten kam zu mir und fagte mich, ob ich es schaffe mich sehr ruhig zu verhalten, wenn ich auf die Bühne gebeten werde, um ein erhabenes und stolzes Raubtier kennen zu lernen. Ohne nur einen Moment zu zweifeln, sagte ich sofort zu und saß später erstaunt auf dem Bühnenboden neben einem mächtigen schwarzen Panther, den ich ausgiebig streicheln durfte. Mein Herz raste vor Aufregung. Ich erinnere mich noch gut an das seidig glänzende Fell. Ein wirklich ganz besonderer Moment wurde mir geschenkt, den ich nie vergessen werde. In der Nacht war ich erst um 5 Uhr zuhause. Ich konnte nicht anders, als meinen damaligen Mann sofort wach zu rütteln, um ihm völlig überdreht nach dem Abend zu berichten, dass ich einen Panther streicheln durfte. Das berühmte Paar, nämlich Topmodel Claudia Schiffer und Magier David Copperfield, die am Nebentisch in der Bar turtelten, waren nebensächlich, wenn auch ein sehr hübsches Paar, damals.

Claudia Schiffer und David Copperfield

Komme ich als nächstes gleich auf „blond“ zurück. Und Boxen ist ein Thema. Als „Premium Services Representaive“ bei American Airlines umsorgte ich VIP-Passagiere. Ich empfing sie in der Lounge, beim First Class Check- in auf dem roten Teppich, holte sie vom Flugsteig ab, usw. An einem Morgen begleitete ich eine sehr heitere und auffällige Gruppe. Heiner Lauterbach (dt. Schauspieler), Cleo Kretschmer (dt. Schauspielerin), Ebby Thust (früherer dt. Box Promoter) und Dolly Buster (frühere tschechisch-dt. Pornodarstellerin) flogen First Class zum Boxkampf nach Las Vegas. Leider will mir nicht mehr einfallen, wer geboxt hat. War es Witali Klitschko? Kann gerne kommentiert werden. Nicht vergessen werde ich aber die infantilen Fragen von Herrn Lauterbach damals: „Warum sind Sie nicht blond?“ und „Gibt es Vodka an Bord?“ Auffällig auch der protzige Schmuck und die große Brille von Ebby Thust, das „Schlappmaul“ der Cleo Kretschmer und der gewaltige Busen von Dolly Buster. Anyway, ich brachte das illustre Grüppchen an Bord, erklärte dem Purser, um wen es sich handelt, denn, woher sollten die amerikanischen Flugbegleiter die deutschen Promis kennen. Neugierig lugten die Piloten aus ihrem Cockpit und blieben defintiv am Busen der Blondine hängen. Ich hoffe die Crew hatte damals Spaß. Ich fand den Morgen nicht so spaßig damals. Mir waren Zurückhaltung und Höflichkeit sehr viel lieber.

Der nächste Gast im Zusammenhang mit Boxen hatte diese bevorzugten Attribute und war eine sehr angenehme Bekanntschaft. Wie jeden Morgen checkte ich die Passagierliste und entdeckte den Namen Michael Buffer. Vor Jahren hatte Henry Maske den Boxsport salonfähig gemacht, so dass auch ich Kämpfe verfolgte. Und wer kennt aus dieser Zeit nicht Michael Buffer, der als bekanntester Ansager von Sportveranstaltungen, insbesondere von Boxkämpfen, weltweit galt. Buffers Markenzeichen waren ein Smoking mit schwarzer Fliege sowie der lautstark vorgetragene Schlachtruf „Let’s get ready to rumble“. Als ich die Rolltreppe vom Admirals Club, der American Airlines Lounge, hinunterfuhr, erblickte ich ihn in der Menge und begrüßte ihn als Fluggast. Er war erstaunt über meinen Empfang, freute sich aber über die Begleitung in die Lounge, sowie später durch die Sicherheitskontrollen bis zum Flugsteig. Zu guter letzt, entschied ich, da Platz war, ihm mit seinem fullfare Business Class Ticket ein Upgrade in die First Class zu geben. Zu ihm als Passagier musste ich der Crew natürlich gar nichts erklären, aber meiner Chefin gegenüber dafür umso mehr, warum er ein nicht notwendiges Upgrade bekam, zumal er ihr auch nicht bekannt war. Sein Glück also damals, dass er auf mich traf.

Michael Buffer

Ich bleibe beim Sport. Hier traf ich auf den ehemaligen deutschen Tennisspieler und Olympiasieger Boris Becker, die sehr sympathische amerikanisch-tschechische ehemalige Tennisspielerin Martina Navratilova. Für American Airlines betreute ich außerdem den US-amerikanischen Profigolfer der PGA TOUR und der Champions Tour „Boom Boom Freddy“ Fred Couples, der mir als sehr arrogant in Erinnerung blieb. Er war mir überhaupt nur bekannt, da mein damaliger Mann ausgiebig Golf im Fernsehen verfolgte und der Name oft fiel. Ebenfalls begegnete ich der sehr hübschen ehemaligen argentinischen Tennisspielerin Gabriele Sabatini. Mein Zwillingsbruder verehrte „Sabi“ als junger Mann. Ganz besonders ins Herz schloss ich den eher unbekannten Sportler Winthrop Graham. Der ehemalige jamaikanische Leichtathlet gewann zwei olympische Silbermedaillen im 400 m Hürdenlauf. Er flog damals auch öfter mit American Airlines. Beim ersten Wiedersehen vor der Lounge kam er freudestrahlend auf mich zu und rief „Andrea, so good to see you“ . In meinem Kopf ratterte es, wer er gleich wieder war, so viele Menschen und Namen sah ich täglich. Der Name des jungen Mannes prägte sich aber dann leicht ein, denn er war ein ganz liebreizender Mensch, der mir bei einem späteren Besuch in Frankfurt einen lila farbenen Mizuno Trainingsanzug mitbrachte, den ich lange in meinem Kleiderschrank aufhob. Überhaupt kann ich mich von so manchem Geschenk eines Passagiers bis heute nicht trennen.

Sehr oft betreute ich auch den ehemaligen Leichtathleten Michael Johnson. Ein imposanter Mann mit vier Olympiasiegen und acht Weltmeistertiteln über die Strecken 200 Meter und 400 Meter. Auch er war ein sehr angenehmer und ruhiger First Class Gast. Deshalb war es mir unangenehm ihn bei einem Wiedersehen um ein Autogramm für den Sohn einer Kollegin zu bitten. Er gab es mir aber bereitwillig. Als ich die gekritzelte Unterschrift der Mitarbeiterin gab, sagte sie, die Unterschrift sähe aber nicht nach „Jordan“ aus. Sie hatte Michael Johnson mit dem Basketballspieler Michael Jordan verwechselt, den traf ich allerdings nicht. So viel dazu ….

Michael Johnson

Mit großem Respekt begleitete ich den deutschen Politiker Hans-Dietrich Genscher, sowie Lech Walesa, den polnischen Friedensnobelpreisträger und Ex-Präsident. Sein Kampf gegen den Kommunismus machte ihn weltbekannt. Die US-Senatorin von Texas 1993 – 2013 Kay Bailey Hutchison nahm sich die Zeit mir ein paar Zeilen nach ihrer Rückkehr in die USA zu senden. Über Danksagungen von Passagieren habe ich mich immer besonders gefreut und habe einen großen Stapel bis heute in meinem Sekretär im Wohnzimmer.

Bevor ich zu meinen beiden Highlights komme, zuvor ein weiteres unvergessliches Erlebnis. Meine Aufgabe war es, den Sultan Bruneis, Herrn Hassanal Bolkiah samt Gefolge aus dem, der American Airlines Lounge mit einer Brücke verbundenen gegenüberliegenden Hotel Sheraton, in Empfang zu nehmen. Insgesamt waren 18 Familienmitglieder und Kindermädchen je nach Stellung in First, Business und Economy Class verteilt. Der Sultan fragte unmittelbar nachdem ich mich vorstellte nach einem männlichen Kollegen, gab aber tatsächlich „klein bei“, als ich ihm höflich aber bestimmt sagte, entweder er nimmt mit mir vorlieb oder aber niemanden. Wie eine Entenfamilie liefen wir über die Brücke; der Sultan neben mir, dahinter die Prinzen, Ehefrauen mit Kindern und das Schlusslicht bildeten die Nannies aus Sri Lanka. Ich erinnere mich gut an die Blicke seiner Söhne hinter mir; die Situation war ihnen sichtlich fremd. Ich platzierte die Großfamilie in der Lounge und begann mit Hilfe des Sultans den Check-in aller 18 Personen. Es wurde zur echten Herausforderung als ich merkte, dass ein Flugschein fehlte, denn die vollständigen Namen ähnelten sich doch sehr und waren ähnlich lang wie der des Oberhauptes selbst: Kebawah Duli Yang Maha Mulia Paduka Seri Baginda Sultan Haji Hassanal Bolkiah Mu’izzaddin Waddaulah Ibni Almarhum Sultan Omar Ali Saifuddien Sa’adul Khairi Waddien. Auch drängte die Zeit, denn die Familie musste rechtzeitig am Flugsteig sein, denn wir hatten ja ein vorgegebenes Zeitfenster (Slot) für den Abflug. Am Ende wussten wir wessen Ticket fehlte. Es war schnell neu ausgestellt und der Sultan zahlte über 8.000 DM in bar. Auch darüber war ich beeindruckt, ist es aber eigentlich kein Wunder bei einem Vermögen von mehr als 20 Milliarden US-Dollar. Ein aufregender Vormittag mit dem Ergebnis die Familie danach erneut betreuen zu dürfen.

Sultan-Omar-Ali-Saifuddin-Moschee Brunei

Jetzt aber zu meinen beiden beliebtesten Herren aus der sagenhaften Zeit bei American Airlines. Ich beginne mit dem überschwänglichen Schauspieler Burton Leon Milo „Burt“ Reynolds, dem Bandit aus „Ein ausgekochtes Schlitzohr“. Für mich damals mit Ende 20 ein „echter Celebrity“. Ich durfte ihn auf der Straße im Ankunftsbereich Terminal 1 in Empfang nehmen; aber bitte so unauffällig wie möglich, auf gar keinen Fall war ein großes Schild mit seinem Namen erwünscht. Die einzige Information die ich hatte war, dass er in einem schwarzen Mercedes mit Stuttgarter Kennzeichen ankommen wird. Ich bin kurzsichtig. Das erschwerte die richtige Limousine ausfindig zu machen. Und wie gebe ich mich zu erkennen in meinem Kostümchen auf der Straße? Ich war sehr aufgeregt. Das durfte nicht schief gehen. Endlich sah ich den Wagen anrollen und winkte vorsichtig. Ein charmanter breit grinsender Burt Reynolds stieg aus, kam auf mich zu, drückte sich an mich und gab mir einen fetten Kuss auf die Wange. Das Eis war gebrochen und plaudernd erledigte ich alle Formularitäten und brachte ihn sicher auf seinen Platz im Flugzeug. Er nannte mich „Sweetheart“. Das süße Herz hatte er!

Burt Reynolds

Meine Nummer 1: Götz George ! Vor mehr als 5 Jahren leider verstorben. Ich habe ihn als Mann voller Güte mit strahlend blauen Augen kennen gelernt und mein einziges Autogramm ist von ihm. Als ich ihn von einem ankommenden Flug abholte, ihn in die Lounge begleitete und später zum Flugsteig, staunte ich permanent über die leuchtenden Augen, die angenehme Stimme mit der er fortwährend erzählte, die herzliche Art und vieles mehr. Immer wieder betonte er, wie dankbar er sei, dass ich ihn lotse. Ein so großartiger Schauspieler. Ich erinnere mich gut, als die Jungs in der Oberstufe einen Parka (tatsächlich war es eine M-65-Feldjacke der US-Streitkräfte) ähnlich dem, welchen er als „Schimanski“ im Tatort, trugen. Der Mann, den ich vor mir sah hatte nichts mit dem andauernd „Scheiße“ sagenden „Ruhrpott-Rambo“ aus Duisburg zu tun. Noch beeindruckender als in seinen unzähligen verschiedenen Film- und Theaterrollen, wirkte er als bescheidener Fluggast auf mich.

Götz George

In den 15 Jahren gab es so viele Begegnungen; aus Kollegen und Kolleginnen wurden Freunde. Ein Vielflieger von damals ist bis heute einer der von mir meist geschätzten wertvollsten Menschen. Mein Freund Frank, den ich nie missen möchte.

Natürlich gab es auch Tage an denen ich nicht mit Souveränität glänzte. Eine peinliche Anekdote gebe ich noch zum Besten. Die größten Shareholder von American Airlines waren zu Gast. Es wurde entschieden sie mit den Batterie betriebenen Autos an den Flugsteig zu bringen. Den Wagen vor mir fuhr die Admirals Club Managerin, neben ihr die Stationsleiterin mit einigen Gästen. Ich folgte mit den restlichen Aktionären an Bord im zweiten Wagen. Die erste Sicherheitsglastür galt es zu passieren. Erst wenn unsere Flughafenausweise kontrolliert waren, öffnete sich die zweiteilige Glastür zur Durchfahrt. Dummerweise ging ich davon aus, dass die Kontrolleure doch wissen müssen, dass ich zu dem Gespann dazu gehöre und werden mich ebenso passieren lassen. Leider nein, die Türen schlossen sich, es war für mich zu spät zu bremsen und ich rammte mein Wägelchen gegen die Absperrung. Meine Passagiere lachten zum Glück, das Sicherheitsglas hielt dem „Rumms“ stand. Nie vergessen werde ich aber die ruckartigen Umdrehungen meiner beider Vorgesetzten und ihr tötenden Blicke. Dennoch … Danke für eine wundervolle lehrreiche Zeit American Airlines!

American Airlines

Abschließend eine letzte flüchtige Begegnung. 2013 besuchte ich den Sportpresseball in der Alten Oper in Frankfurt. Mein Foto am Anfang des Beitrags stammt von diesem Abend. Auf einem der langen Gänge, in dem Moment ganz leer, traf ich auf den ehemaligen deutschen Fußballspieler, -trainer und -funktionär Franz Beckenbauer. Wir beide waren auf der Suche nach den Toiletten und beschließen sie gemeinsam zu suchen. Natürlich trennten unsere Wege sich dann. Tatsächlich verließen wir aber gleichzeitig die Alte Oper in der Nacht und Herr Beckenbauer lächelte mir noch einmal zu.

Ich bin ein Teil aller Menschen denen ich je begegnet bin.

Alfred Tennyson

Franz Beckenbauer

Packpferde Tour im Yukon

Abenteuerlust vs. Angststörung

Most people are afraid of the so called dangerous road.

They rather stay on the path everybody else had already and always taken .

Without thinking cruising canals on the hop on hop off boat,

there’ll never be an awakening .

Life is full of wonders ,

you’ll only experience when leaving the path,

although you might suffer terrible thunders,

you will be the one showing no wrath.

Be brave, explore the world,

show kindness, stay true,

Bury every kind of sword

and the world will love you.

Irgendwann entwickelte sich in mir der Traum eine Packpferde – Tour in der Wildnis Kanadas zu machen. Wo und wann diese Idee geboren wurde, weiß ich gar nicht mehr. Aber fest stand, ich wollte meinen 50. Geburtstag so erleben. Am tatsächlichen Geburtstag war ich letztlich in Marrakesch, denn diese besondere Tour in Kanada wurde nur 2x im Jahr angeboten, so dass es erst 2 Monate später auf Reisen ging. Die Reise wurde etwas komfortabler beschrieben als sie am Ende war, aber das war nicht das Problem. Mein Problem war ein ganz anderes. Ich erinnere mich nicht, ob ich es vorher auch schon in unauffälligeren Formen erlebte, aber die Reise war der Beginn meiner Angststörung, die häufiger auf Episoden der Depression folgen kann und nicht ungewöhnlich ist. Ich hatte meinen Trip alleine geplant, jedoch wollte mein jetziger Partner mich begleiten, selbst wenn wir nicht zusammen bleiben würden. Diesen Wunsch äußerte er am Beginn unseres Kennenlernens damals, so dass es tatsächlich in den Sternen stand, ob wir ein dreiviertel Jahr später ein Paar sein würden. Zum Glück konnte ich dieses Abenteuer mit ihm teilen, er stand mir in schwierigen Momenten beiseite und wir lieben uns noch heute.

Eventuell war in meinem Kopf, dass ich nach der Reise eine Operation vor mir hatte, die mir Angst machte. Auch wollten die Ärzte nicht, dass ich die Reise antrat, letztlich ging alles gut, über alles andere denke ich heute nicht mehr nach.

Der Tag war gekommen, wir gingen an Bord eines Lufthansa Fluges nach Vancouver. Sobald die Maschine die Flughöhe erreicht hatte, fing es in meinem Kopf an zu arbeiten, bis zu welchem Zeitpunkt ich den Piloten noch zur Umkehr bewegen konnte, bevor wir nur über Wasser waren. Ich bekam Herzrasen, klatschnasse Hände, meine Beine wurden taub und ich war mir sicher ich würde den Flug nicht überleben. Dieser Zustand war mir komplett neu. Ich arbeitete ja Jahre für Fluggesellschaften, war Langstreckenflüge gewohnt und liebte das Fliegen. Was den Zustand verschlimmerte war, dass ich nicht aufstehen konnte, geschweige denn aussteigen. Ich habe lange mit mir gerungen, aber dann tatsächlich die Crew über meinen Zustand informiert. Natürlich konnten sie wenig tun, hatten aber Verständnis und sahen immer wieder nach mir. Ca. 2 Stunden kämpfte ich mit der belastenden Situation, bis sich Kopf und Körper beruhigten, ich Filme schauen konnte, um mich abzulenken und wir sicher Stunden später landeten. Es war so schlimm, dass ich sofort nach Landung meinen Arbeitgeber anrief, ich könne nicht mehr zurück, da mich keine 10 Pferde mehr in ein Flugzeug bringen, obwohl ich ja eigentlich keine Flugangst hatte.

Die Angst blieb lange hängen. Die ersten Tage verbrachten wir in Vancouver. Auch dort überraschten mich immer wieder Panikattacken, die ich weder einordnen, noch begründen oder verhindern konnte. Zum Beispiel liehen wir uns Räder und mich überforderte der Verkehr in der Stadt plötzlich so sehr, dass ich absteigen und mich auf den Bürgersteig setzen musste inmitten des Chaos. Ständig hatte ich das Gefühl ich werde ohnmächtig und sterbe einfach.

Da mir nichts besseres einfiel, kaufte ich mir zumindest Bachblüten rescue Tropfen und Kaubonbons, bevor wir den Flug nach Whitehorse antraten, der aber unauffällig verlief. Whitehorse liegt am Yukon River genau da, wo während des Klondike-Goldrausches die Goldsucher die Whitehorse-Stromschnellen zu überwinden hatten. Whitehorse ist seit 1953 die Hauptstadt des Yukon-Territorium. Mit einer Mainstreet ist die Stadt sehr übersichtlich. Im Winter ist die Stadt auch Startpunkt des Hundeschlittenrennens, dem Yukon Quest, an dem auch unsere Gastgeberin Jocelyn auf der eineinhalb Stunden entfernten Sky High Wilderness Ranch am Fish Lake erfolgreich teilnahm. Wir wurden freundlich von Gary am Flughafen in Emfang genommen und fuhren mit einem Pick up auf unbefestigten Wegen zur Ranch. Gary ist der Betriebsleiter bei Sky High. Er beaufsichtigt den Betrieb der Touren sowie die Konstruktion und das Personalmanagement. Er ist ein begeisterter Jäger und Angler und seine Liebe zur Natur hilft ihm, dem Motto treu zu bleiben, die „Wildnis“ in all den Touren lebendig zu halten.

Ab Ankunft hieß es dann für die nächsten 10 Tage kein Strom und kein fließend Wasser. Wir lernten unsere Gruppe kennen, die ich sehr schätzen lernte in unserer gemeinsamen Zeit. Ein pensionierter amerikanischer Feuerwehrmann, der selbst Pferde besaß, eine junge Französin, die die Tour unterstützte und eine junge Schweizerin. Und natürlich am wichtigsten; Ian unser Guide. Ursprünglich aus Kalifornien stammend, kam Ian 1974 im Alter von 20 Jahren in den Yukon. Er ist ein echter Yukon-Cowboy, der schon lange hier lebt. Er ist ein erfahrener Trapper, Musher und Pferdemann. Die Gegend um den Fish Lake ist sein Revier und er kennt jeden Trail, jeden Bach und jeden Berg. Auch ihn mochte ich sehr. Zwei Nächte blieben wir auf der Ranch, lernten uns und die Pferde kennen, unternahmen Tagesausritte, bevor es auf den längeren Trip mit Übernachtungen im Zelt losging. Untergebracht waren wir auf der Ranch in einfachen Zimmern, draußen auf dem Gelände waren zwei „outhouses“(WC), zum Waschen erhitzten wir uns Wasser über dem Ofen.

Auf der Ranch waren auch ca. 150 Schlittenhunde untergebracht. Jedes Mal zur Fütterungszeit wurde es laut. Ein Partner der Ranch ist nämlich Jocelyn Leblanc. Sie ist in New Brunswick aufgewachsen und kam vor mehr als 13 Jahren in den Yukon. Sie hat ca. 44 Hunde, einschließlich ihres Rennteams, und nahm 2010 am Yukon Quest teil, wo sie sowohl den „Red Lantern Award“ als auch den „Challenge of the North Award“ für das Absolvieren des Quest von Dawson City mit nur 7 Hunden gewann.

Die Pferde dort leben von ca. Oktober an in der Wildnis und werden im Mai zur Ranch geholt. Sie sind sehr trittfest und robust. Meine Pferde zuhause waren Dressurpferde mit guter Abstammung, aber sehr empfindlich und haben in den Jahren viel Tierarztkosten verschlungen. Mir wurde die 4 jährige Stute „Cricket“ zugeteilt und ich mochte sie sofort. Zelte, Schlafsäcke, Kochgeschirr und Lebensmittel wurden verpackt und auf 4 Packpferde verteilt. An unseren Sätteln waren lediglich noch kleine Satteltaschen befestigt. In einer greifbar waren meine rescue drops verstaut, ansonsten die neue Outdoor Kamera und ein Regenponcho, den wir leider häufig brauchten. Das Reiten in der kleinen Gruppe war sehr entspannt und ruhig. Jeder war in Gedanken und ergriffen von der Weite. In den kommenden Tagen begegneten wir niemand. Wir ritten stundenlang auf unbefestigtem Terrain, Wege existierten nicht. Teilweise waren die Büsche genauso hoch wie wir auf den Pferden und schlugen uns gegen die Körper. Wir ritten durch Wasser, an Bergkämmen entlang; teilweise bis zu 8 Stunden am Tag. Auch wenn ich zuhause täglich ritt, war dies nicht zu vergleichen. Es war so anstrengend, dass ich, wenn ich abstieg, richtig zittrige Beine hatte. Wir ritten bei strömenden Regen im Wechsel mit Sonnenschein, im Großen und Ganzen war es aber nass und kühl. Die Landschaft war beeindruckend, auch wenn ich vorher schon in Nordamerika war und Weiten erfahren habe, hier im Yukon ist es noch einmal ganz anders. Wenn wir einen Rastplatz erreicht hatten, sattelten wir die Pferde ab, banden sie fest und widmeten uns den Packpferden, um Lebensmittel, Geschirr, Zelte, usw. abzuladen. Teilweise übernachteten wir bei einer Hütte, sobald man hinein schaute, war aber schnell klar, dass das Zelt die bessere Wahl war. Zumindest waren unsere Sachen ab und zu im Trockenen. Abends bereiteten wir eine einfache gemeinsame Mahlzeit über dem Feuer vor und plauderten angenehm. Jeden Morgen brauchte es einige Zeit, bis wieder alles in die Container verräumt war und auf den Packpferden verzurrt war. Meine Cricket war immer schnell gesattelt und gezäumt, leider dauerte es ihr jedoch einen Morgen alles in allem zu lange und sie legte sich gesattelt noch einmal hin und zerquetschte dabei meine neue outdoor Camera, die ihr Gewicht leider nicht aushielt. Das war Pech. Die Strecke wird vorher nicht einmal probeweise abgeritten, so dass es jedes Jahr im Frühsommer zu Überraschungen kommt, da die Biber lange Zeit haben ganze Arbeit zu leisten. Übrigens muss das Wasser immer gefiltert werden, sonst läuft man Gefahr am „beaver fever“ zu erkranken. Durch den großflächigen Umbau der Biber in der Natur, gerieten wir plötzlich in sumpfiges Gelände. Mit Entsetzen sah ich vor mir die Packpferde einsinken und in Panik geraten. Es war ein wahnsinniges Durcheinander, irgendwie schafften sie sich aber aus der Situation zu befreien. Auch das Pferd meines Partners geriet in den Sumpf und sank mit den Hinterbeinen tief ein. Es ist ein fürchterliches Gefühl auf dem Pferd dahinter zusehen zu müssen und nichts tun zu können, außer sich einen anderen Weg zu überlegen. Mein Partner sprang vom Pferd auf ca. einen m² festeren Boden und konnte sich und sein Pferd retten. Auf dem gesamten Trip verließ ich mich auf meine junge Stute und überließ ihr in Gefahrensituationen die Wahl des Weges und sie lag immer richtig, denn wir beide waren nie in einer misslichen Lage. Ein bisschen anstrengender zu handeln war sie tatsächlich nur einmal an einem See bei schwülem Wetter, da die Mücken sie ärgerten.

Die meiste Zeit ging es mir sehr gut während des Trips. Manchmal machte mir die Höhe und Weite Angst und ich beruhigte mich mit einem Griff in die Satteltasche nach meinen rescue drops. Und wenn es nur der Glaube daran war, Schlimmeres konnte ich immer abwenden. Die Tage auf den Pferden durch die Gegend zu ziehen, insgesamt wenig Worte zu verlieren, hatte etwas Meditatives und genau so hatte ich es mir auch vorgestellt. Mit meiner kleinen Stute Cricket fühlte ich eine Einheit und genoss die Zeit mit ihr. Ein Tag jedoch überforderte mich völlig, ich verlor meinen Mut, war mit meinen Kräften am Ende und wäre die Chance da gewesen, hätte ich nicht nein gesagt, hätte es ein Angebot gegeben, dass ein Helikopter mich ausfliegt. Aber mitten in der Wildnis gibt es kein Zurück, ich musste mich meinen Ängsten stellen. Wir hatten einen Tagesritt in strömendem Regen, es war nasskalt, ich fror und hatte keine Lust mehr. Das ist noch zu steuern, in emotionale Panik geriet ich aber, als wir hoch oben auf einem Bergkamm ritten. Rechts und links metertiefer Abgrund, der Boden völlig aufgeweicht. Vor mir sah ich die beladenen Packpferde auf dem schmalen Grad, die Schweife aneinander gebunden, und ich stellte mir vor, eines rutscht aus und zieht alle miteinander in die Tiefe. In mir steigerte sich die Angst, es gab jedoch keine Chance die Situation zu verlassen, ich musste mich ihr ergeben. Heute kann ich es gut akzeptieren, wenn ich eine depressive Episode habe, diese anzunehmen und auszusitzen. Ich weiß es passiert mir nichts. Aber aus einer Panikattacke auszusteigen, gelingt mir bis heute nicht. Dieses Mal zumindest gab es für meine Angst einen Grund. Es kam viel zusammen. Mein Körper war von den Strapazen geschwächt, ich war durchnässt und fror, es gab keine Aussicht auf Besserung des Wetters und den Bergkamm hatten wir auch lange noch nicht verlassen. Die nächste Rast und Nacht war an einem Fluss geplant, sicher einmalig schön, aber nicht im strömenden Regen. Schnell halfen wir uns gegenseitig die Zelte aufzubauen. Ich verkroch mich in den Schalfsack, nichts war mehr trocken, essen wollte ich auch nichts, nur weinen und mich am liebsten nach Hause in mein Bett beamen und an einem sicheren Ort aufwachen. Matt, der pensionierte Feuerwehrmann aus Ohio, schaffte es irgendwie für uns bei strömenden Regen Hühnchen mit Brokkoli zu kochen und brachte mir einen Teller ins Zelt. Ich aß ein paar Bissen und war ihm sehr dankbar. Einmal musste ich noch raus in den strömenden Regen um Pipi zu machen. Ich traf auf unseren Guide und sprach ihn auf meine Ängste an, sagte ihm, dass es mir nichts ausmacht 8 oder 10 Stunden im Sattel zu sein, aber, dass ich mittlerweise um mein Leben fürchte, aufgrund des durchweichten Bodens überall. Im Gegensatz zu mir, nahm er meine Ängste nicht sehr ernst, was vielleicht die richtige Einstellung in dem Moment war und entgegnete mir stattdessen nur: „Ach Andrea, ich war hier schon bei Eis und Schnee tagelang unterwegs. Mach dir keine Sorgen“. Natürlich auf Englisch. Gut, ca. 50 Jahre ritt er dort durch die Gegend, das war sein Leben. Was blieb mir übrig, ich musste die Situation akzeptieren und vor allem mich auch darauf einlassen. Immer noch frierend und etwas resignierend verzog ich mich wieder in mein Zelt und hatte zum Glück meinen geliebten Menschen neben mir. Die Nacht war kurz, aufgeregte Rufe weckten uns. Drei der Packpferde rissen sich in der Nacht los, wir banden sie immer mit langen Stricken an Büschen fest und waren über alle Berge. Die junge Französin, die die Tour mit begleitete sattelte schnell ihren Schecken und galoppierte los. Kurz wurde darüber diskutiert, ob ich mit Cricket folgen sollte. Manchmal fragte ich mich schon, ob die Summe für die Reise gerechtfertigt war 😉 Unser Guide bereitete sich aber auch schon vor. Durch einen Reitunfall war er ein wenig eingeschränkt, was seine Beweglichkeit anging. Also entschied ich ihn zu unterstützen und sein Pferd zu satteln. Ich weiß nicht mehr wie viel Zeit verging, jedoch tauchten die Pferde über die Bergkuppen wieder auf und alles in allem mussten wir nur etwas Zeit aufholen um das Tagesziel zu erreichen. Abgelenkt von der nächsten Aufregung war meine Angst verschwunden. Außerdem regnete es nicht mehr. Meine Stute war trittsicher. Eigentlich erinnerte sie mich mehr an eine Gemse, wie sie sich mit dieser Leichtigkeit im Gebirge bewegte. Wenn es bergauf ging, warteten wir ab, bis alle Pferde im Schritt oben waren, dann galoppierte sie hinterher. Das machte nicht nur mir, sondern scheinbar auch ihr sehr viel Spaß. Es ist schon ein seltsames Gefühl wenn man sich tagelang mitten in der Wildnis ohne Straßen, Wege oder Begegnungen bewegt. Das kann Angst machen. Später erfuhr ich, dass wir ein Satellitentelefon für den Notfall dabei hatten. Am letzten Tag wurden die Pferde etwas schneller, es ging zurück zur Ranch. Der Ofen wärmte in der Hütte, über dem Feuer heizten wir den Wassersack und wir alle konnten endlich duschen. Jetzt war sogar das Outhouse (Außen WC/Plumpsklo) ein Luxus. Jocelyn hatte gekocht und wir saßen wieder an einem Tisch und nicht mehr auf nassem Boden. Ich erinnere mich noch gut,dass außer unserer zurückkehrenden Gruppe noch eine australische Dame für eine Nacht Gast auf der Ranch war und wie sie mir nach den ruhigen 10 Tagen in der Natur, mit ihrem unwichtigen Geplapper über ihren Job auf die Nerven ging. Vielleicht war ich aber auch nur übermüdet und entkräftet. Am nächsten Tag verließen wir die Ranch um noch eine Nacht im einzigen Hotel auf der Mainstreet in Whitehorse zu übernachten. Weiße Bettwäsche und eine richtige Dusche taten gut. Am späten Nachmittag gönnten wir uns Bier und Fischburger im Klondike Rib & Salmon. Wir waren noch immer sehr ruhig und ließen die Zeit etwas Revue passieren. Am liebsten hätte ich Cricket mit nach Hause genommen, aber damit hätte ich ihr keinen Gefallen getan. Der Rückflug stellte sich für mich nicht als Problem dar. Im Anschluß wurde ich erfolgreich operiert. Die Angststörung ist mir zuhause mit immer wieder kehrenden Panikattacken geblieben und war nur medikamentös zu lösen, letzlich. Diese Reise war besonders und gerne möchte ich wieder an besondere Orte reisen und auch Abenteuer erleben. Ich hatte mir überlegt, ob ich an den Reiseanbieter ein paar Zeilen richte, denn die Reise war nicht wie beschrieben. Aber auf der anderen Seite war es schließlich unwichtig, denn der Trip bot so viel mehr. Die Tour, welche sowieso nur 2 mal im Jahr stattfand wurde eingestellt. Das macht die Teilnahme noch einmal besonders. Ich könnte noch sehr viel von Eindrücken der Reise schreiben, auch von all den vielen Tieren, die uns in freier Wildbahn begegnet sind, aber wichtig ist mir mit diesem Bericht zu betonen, dass wir so viel stärker sind, als wir es von uns selbst glauben. Wir alle können gewohnte Pfade verlassen, um noch einmal auf meine Anfangszeilen zurück zu kommen, und manchmal ist es auch notwendig um im Leben weiter zu kommen. Und für uns alle, die mit psychischen Erkrankungen kämpfen: es ist nicht das „Aus“. Wir können trotzdem herrliche Dinge erleben und erlernen mit der Erkrankung zu leben.

Das Leben ist nicht einfach mein Kind; aber fass‘ dir ein Herz, es kann herrlich sein!

Tandemflug vom Nebelhorn

Ich möchte so gerne fliegen lernen,

selbst wenn es weit oben kälter ist,

es würde sicher mein Herz erwärmen .

Dem Alltag entschweben und mich für einen Moment über alles erheben.

Von oben auf euch herunter blicken,

nicht eingreifen können,

aber dennoch wohlwollende Gedanken schicken.

Mich bewusst abgrenzen und dankbar den Irrsinn schwänzen.

Ich wünschte die Menschen würden von Zeit zu Zeit inne halten,

aufhören, Zeit und so vieles mehr, nur zu verwalten,

sondern spielerisch von vorne beginnen,

diesmal bewusst achtsam und mit allen Sinnen.

Noch heute bin ich sehr glücklich darüber mir einen großen Wunsch erfüllt zu haben. Zu meinem 50. Geburtstag, damals.

An diesem Tag bin ich wirklich dem Alltag entflohen. Ich hatte einen Tandemgleitschirmflug vom Nebelhorn bei der Flugschule Oase in Obermaiselstein im Allgäu gebucht. Und das tollste, meine Tochter entschied mich zu begleiten. Zu Abenteuern ist sie sofort bereit. Das Nebelhorn bietet eine herrliche Aussicht über 400 Gipfel. Bei gutem und klarem Wetter kann man die Gipfel bis in Südtirol sehen. Ein unvergessliches Erlebnis mit beeindruckender Bergkulisse mitten in den Allgäuer Hochalpen war mir garantiert. Es gibt zwei Startplätze, einen auf 1930m , den höheren am Gipfel auf 2220m.

Ganz früh, wir waren nicht einmal aufgestanden, rief uns schon einer der beiden Piloten der Flugschule an, dass der Flug in den späteren Vormittag verschoben wird, in der Hoffnung, es klart auf. Einige Gleitschirmflieger saßen oben fest, da nur bei absolut klarem Wetter geflogen werden darf. Also konnten wir den Morgen gemütlich angehen, obwohl, besonders ich, doch voller Vorfreude und Aufregung war. Gegen 10 Uhr trafen wir, nachdem wir im Hauptbüro noch hohe schwere Bergstiefel ausgeliehen hatten, am Parkplatz ein. Mein Pilot erwartete uns, der meiner Tochter war noch oben am Berg. Er entschied, auch wenn der Gipfel im Nebel war, trotzdem mit der Bahn zumindest auf 1930m hoch zu fahren. Mit zwei großen Rucksäcken voll Ausrüstung stiegen wir ein. Oben angekommen sah es noch nicht sehr vielversprechend aus. Jetzt mussten wir uns einig werden, wer den Anfang macht. Meine Tochter und ich mussten nicht streiten, denn der Pilot entschied schnell es ist der Tag der Mutter! Außerdem entschloss er sich das Wagnis einzugehen und trotz unklarer Sicht, mit der zweiten Bahn ganz auf den Gipfel zu fahren. Ich war nicht ganz glücklich damit meine Tochter auf 1930m alleine zu lassen, aber ihr Pilot war auch schon auf dem Weg nach oben sie zu treffen.

Ich erinnere mich gut daran, dass es gar nicht so leicht war mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken und den starren Stiefeln dem flinken Tandempiloten hinterher stolpernd, den Berg bis zur einer Kuppe ein wenig hinab zu laufen und fühlte mich schon etwas unsicher. Vielleicht beeilen sich die Piloten ja absichtlich generell, denn kurz schoss mir schon durch den Kopf was ich eigentlich da oben mache und ob der gewählte Weg nach unten der richtige sei. Ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn jetzt hieß es den Schirm richtig auszubreiten und alles zu verschnallen. Ein Erinnerungsfoto wurde noch geschossen und der Mann meines Vertrauens erklärte mir rasch, dass ich nur einfach schnell den Berg mit voller Kraft nach vorne runter rennen soll. Mehr nicht.

Gesagt, getan, wir rannten los und hoben sofort ab. Der Aufwind war so stark – ich war überrascht – aber der Schirm zog uns erst einmal kräftig hoch. Es war verrückt, ich hing einfach in der Luft, ließ die Beine baumeln und flog über die Gipfel. Unter uns konnte ich Bergsteiger beim Erklimmen eines Gipfels entdecken und wir waren noch so viel höher. Es war ein ganz besonderes Gefühl, wie als wäre ich ein Wattebausch, der im Himmel so herumbummelt und sich wünscht der Wind würde ihn immer weiter tragen. Aber an die Gurte haben sich meine Hände doch sehr geklammert, wie ich später auf den Fotos erkennen konnte. Tatsächlich muss ich einen sehr guten Tag mit hervorragender Thermik erwischt haben und außerdem einen netten Piloten, der selbst mit viel Spaß begeistert bei der Sache war. Wir waren 45 Minuten in der Luft, aber die Zeit verging wie im Flug 😉

Der Mann in meinem Rücken fragte nach einiger Zeit, ob wir mal dynamischer fliegen wollen. Ich wusste nicht, was es genau bedeuten konnte, aber stimmte sofort zu. Ich kannte ihn zwar nicht, aber spürte, ich kann vertrauen, denn er ist ein erfahrener Pilot. Im Nu war das sanfte Gleiten vorbei und der Schirm raste links herum und rechts herum, kreiste und trudelte, ähnlich so manchen Fahrgeschäften auf der Kirmis, durch die Luft. Hui, ging das ab! Aus Angst vor eventueller Übelkeit bat ich dann aber recht schnell wieder eine gemäßigtere Fahrt aufzunehmen. Der Ausflug hoch in der Luft, hätte noch ewig dauern können, aber so langsam mussten wir an die Landung denken. Ich bekam kurz die Anweisung eigentlich nichts weiter zu tun, als ein wenig in die Hocke zu gehen und mir vorzustellen von einem Schreibtisch zu hüpfen. Ich sah nach unten auf die Kuhweide und hoffte nur, nicht ausgerechnet in einem Kuhfladen zu landen. Doch schon waren wir gelandet. Zack, wir standen perfekt! Aus meinem Tandempilot brach in wunderbarem Dialekt begeistert der Satz: „Ja, leck mich am Arsch! Was für eine pefekte Landung!“ hervor, wir lachten, packten zusammen und verabschiedeten uns. Dieses besondere Erlebnis – mein Ausflug – hoch in der Luft, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Noch besser, wenn man diese wertvollen Augenblicke teilen kann und am liebsten mit meiner Tochter, die auch nach tollem Flugerlebnis sicher landete.

Und übrigens, ich habe Höhenangst … eigentlich! Aber auch die war verflogen. Wer den „Irrsinn einmal schwänzen will“, hoch in der Luft ist ein hervorragender Ort dafür. Hebt mal ab!

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